Die Hammas schlägt zehn Punkte für einen zehnjährigen Waffenstillstand vor! Prof. Dr. Andreas Buro: Keiner der Punkte gefährdet die Sicherheit des Staates Israel. Alle sind nachvollziehbar und durchaus maßvoll. Die Erfahrung aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt von über 60 Jahren zeigt mir, Gewalt auf beiden Seiten erzeugt immer nur mehr Gewalt und Unterdrückung. Eine Unterstützung der Gewaltpolitik der israelischen Regierung vor dem Hintergrund der deutschen Verbrechen an Juden während des Nationalsozialismus, dem Holocaust, halte ich für falsch. Frieden und damit Sicherheit ist nur durch friedliche Mittel zu erreichen. Daran ist zu arbeiten. Ich hoffe, sehr viele werden, wie ich, solche persönlichen Erklärungen abgeben und veröffentlichen. Das könnte Freiraum schaffen, gegen die klammheimliche Duldung der Kriegsverbrechen in Nahost.

Andreas Buro: Eine persönliche Erklärung zum Gaza-Krieg

01.08.2014

Fahne SHALAMM

Der Krieg der israelischen Regierung gegen den Gazastreifen ist ein Kriegsverbrechen. Er wurde unmittelbar nach der Entdeckung des Mordes an drei jungen Israelis begonnen. Die Regierung beschuldigte ohne Kenntnis der Mörder sofort die Hamas, verantwortlich zu sein. Sie verhaftete willkürlich Anhänger der Hamas und leitete militärische Angriffe ein. Es scheint so, als habe die israelische Regierung nur auf einen Anlass gewartet, um gegen das Regime der Hamas militärisch vorzugehen, das im Begriff war, sich mit der Fatah im Westjordanland zu verständigen, um gemeinsam palästinensische Interessen zu vertreten. Dies vor dem Hintergrund der durch die israelische Regierung und ihre Siedlungspolitik gescheiterten Friedensbemühungen des US-Außenministers Kerry.

Die Kriegsführung der israelischen Regierung ist von höchster Brutalität und vollkommener Rücksichtslosigkeit gegenüber der Bevölkerung im Gazastreifen. Was dort geschieht, lässt sich durch nichts rechtfertigen auch nicht durch die Behauptung, es diene der Verteidigung und dem Schutz der israelischen Bevölkerung. Dem würde allein eine friedliche Lösung des Israel-Palästina-Konflikts dienen.

Der Raketenbeschuss israelischen Gebiets durch das Hamas-Regime richtet sich gegen die israelische Bevölkerung und ist ebenfalls ein Kriegsverbrechen, wenn auch die Auswirkungen unvergleichlich geringer sind als die der Angriffe der israelischen Armee. Der Raketenbeschuss soll die Regierung Israels zu durchaus vertretbaren Zugeständnissen veranlassen, die das Hamas-Regime in seinem 10-Punkte- Programm für einen 10-jährigen Waffenstillstand vorgestellt hat.

1. Freiheit für den Gazastreifen,
2. Keine Militäroperationen, zu Lande, zu Wasser und in der Luft,
3. Abzug der israelischen Armee aus Gaza, damit palästinensische Bauern ihr Land bis an den Grenzenzaun zu Israel nutzen können,
4. Freilassung von Palästinensern, die erst im Austausch für den israelischen Soldaten Gilat Shalit freikamen und dann bald wieder verhaftet wurden,
5. Die Beendigung der Blockade und Wiedereröffnung der Grenzen in Gaza. Auch muss der Hafen und der internationale Flughafen unter die Kontrolle der UN gestellt werden,
6. Erweiterung der Fischerei-Zone und Internationale Überwachung des Grenzübergangs in Rafah,
7. Zusage einer zehnjährigen Waffenruhe und Schließung des Luftraums in Gaza für israelische Flugzeuge,
8. Erlaubnis für die Einwohner des Gazastreifens für die Reise nach Jerusalem, um in der Al- Aksa-Moschee zu beten,
9. Keine Einmischung in die innerpalästinensische Innenpolitik und
Regierungsbildung,
10. Die Eröffnung von Gazas Industriezone.

Keiner der Punkte gefährdet die Sicherheit des Staates Israel. Alle sind nachvollziehbar und durchaus maßvoll.

Die Hamas-Strategie wird ebenfalls ohne Rücksicht auf die Bevölkerung im Gazastreifen exekutiert. Wenn die israelische Regierung keine Verhandlungsbereitschaft signalisiert – und davon gehe ich aus – so wird der militärische Konflikt auf unabsehbare Zeit fortgesetzt.

Die Erfahrung aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt von über 60 Jahren zeigt mir, Gewalt auf beiden Seiten erzeugt immer nur mehr Gewalt und Unterdrückung. Eine Unterstützung der Gewaltpolitik der israelischen Regierung vor dem Hintergrund der deutschen Verbrechen an Juden während des Nationalsozialismus, dem Holocaust, halte ich für falsch. Schon werden aus Deutschland gelieferte Unterseeboote mit israelischen Atomwaffen ausgerüstet. Die Verstöße der israelischen Regierung gegen internationales Recht und gegen die Menschenrechte dürfen nicht schweigend hingenommen werden.

Frieden und damit Sicherheit ist nur durch friedliche Mittel zu erreichen. Daran ist zu arbeiten. Ich hoffe, sehr viele werden, wie ich, solche persönlichen Erklärungen abgeben und veröffentlichen. Das könnte Freiraum schaffen, gegen die klammheimliche Duldung der Kriegsverbrechen in Nahost.

Prof. Dr. Andreas Buro, mail: andreas.buro (at) gmx.de

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Hinweis:
Monitoring-Dossier „Der Israel-Palästina-Konflikt“
In der Reihe des „Monitoring-Projekts Zivile Konfliktbearbeitung“ der Kooperation für den Frieden ist bereits 2007 das Dossier III „Der Israel-Palästina-Konflikt“ mit ausführlichen Vorschlägen für konstruktive Konfliktlösungen, Anforderungen an die Akteure im Konflikt und Entwicklung von Handlungsoptionen für Friedensbewegung und NGO’s erschienen. Das Dossier enthält außerdem einen historischen Abriss des Konflikts und ausführliche Hinweise zu an Friedenslösungen arbeitenden Gruppen vor Ort und hierzulande.
Der Gesamtumfang ist 36 (oder 40) Seiten in DIN A5. Autoren sind Andreas Buro und Clemens Ronnefeldt. Das Dossier wird ein wichtiges argumentatives Hilfsmittel für friedenspolitisch interessierte Menschen sein und eignet sich hervorragend zur Verbreitung bei Veranstaltungen, Infotischen und zum Versand an interessierte Menschen.

Das Dossier als PDF-Fassung hier Der Israel-Palästina-Konflikt – Monitoring-Dossier III der Kooperation für den Frieden

Gelebter Pazifismus

Mit Gandhis Satyagraha gegen Remilitarisierung und Krieg

Von Ulrich Frey *

Er hat den Zweiten Weltkrieg als Flakhelfer erlebt und überlebt: Andreas Buro, 1928 in Berlin in eine bürgerliche Familie hinein geboren. In der Ostzone und der frühen DDR machte er nach einem Forstdienst in Eberswalde und Studium der Forstwirtschaft an der Humboldt-Universität in Berlin schlechte Erfahrungen mit dem realen Sozialismus. Eine berufliche Zukunft schien ihm dort nicht möglich; weshalb er die Grenze gen Westen überschritt.

Buro engagierte sich bei der Internationale der Kriegsdienstgegner in Braunschweig gegen die Remilitarisierung der Bundesrepublik. Ihn beeindruckten die Satyagraha-Normen des Mahatma Gandhi, bei denen es im Kern »um die eigene Haltung dem anderen gegenüber« geht: »Gib dem Kampf einen positiven Inhalt! Dehne die Ziele des Kampfes nicht aus! Schenke dem Gegner Vertrauen!«. Diese Normen prägten fortan Buros Pazifismus, seine Reden und Publikationen, sein privates und öffentliches Handeln. Er wirkte in der Ostermarschbewegung mit und wurde 1964 Sprecher von deren Zentralen Ausschuss. Als die RAF entstand, vermisste Buro, inzwischen studierter und habilitierter Politologe, eine öffentliche Diskussion über grundsätzliche Fragen der Gewaltanwendung. »Das war eine gefährliche Situation für linke Politik, wie auch für die Politik der Gewaltfreiheit«, resümiert er heute. Der Solidaritätskongress für Angela Davis (1972) des Sozialistischen Büros, dessen Mitgründer er war, brach nach Buro die damalige Faszination für Gewalt und machte die »zentrale Frage nach der gewaltsamen Austragung von Konflikten … wieder einer rationalen, ethischen und moralischen Erörterung zugänglich«. Für die Stärkung und den Schutz der Menschenrechte gaben Anfang 1980 Wolf-Dieter Narr, Klaus Vack und Buro den Anstoß zur Gründung des gewaltfrei ausgerichteten Komitees für Grundrechte und Demokratie, das sich auch an den Protesten gegen den NATO-Doppelbeschlusses beteiligte. Die Teilnahme an den Blockaden am Raketenstationierungsort Mutlangen brachte Buro eine Verurteilung wegen Nötigung ein. Vor Gericht verwahrte sich dieser gegen die Kriminalisierung der Gewaltfreiheit, was später von der Rechtsprechung auch anerkannt wurde. In den sicherheitspolitischen Auseinandersetzungen zwischen den Blöcken vertraten Buro und seine Mitstreiter ein striktes Defensivkonzept im Sinne einer »strukturellen Nichtangriffsfähigkeit« und der Förderung von Entspannung und Abrüstung.

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes 1989 war Buro einer der Gründer der Helsinki Citizens Assembly, eines Netzwerkes von demokratischen Basisgruppen in den KSZE-Staaten. 1992 war er Mitbegründer des Vereins »Den Winter überleben«, der sich später in »Den Krieg überleben« umbenannte und bosnischen Flüchtlingen in Deutschland Zuflucht verschaffte. Er engagierte sich für eine grenzüberschreitende Friedensarbeit im ehemaligen Jugoslawien und gegen den Irakkrieg.

Buro kritisiert weiterhin unermüdlich jegliche Militäreinsätze und setzt sich für zivile Konfliktlösungen ein; er zeichnete u. a. für aufklärende und meinungsbildende Dossiers zu den Krisenherden Naher Osten und Iran verantwortlich.

Die Autobiografie des mit dem Aachener Friedenspreis (2008) geehrten Pazifisten sollte von allen Menschen gelesen werden, die wie er der Meinung sind, dass durch Militär und Rüstung kein Mehr an Sicherheit zu erreichen ist, die wie er entsetzt und empört sind über die neuen Kriege und Kriegsandrohungen und die wie er das nicht hinzunehmen bereit sind.

Andreas Buro: Gewaltlos gegen den Krieg. Lebenserinnerungen eines streitbaren Pazifisten, Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2011, 328 S., geb., 24,90 €.

http://www.ag-friedensforschung.de/science/buro.html

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3 Antworten zu Die Hammas schlägt zehn Punkte für einen zehnjährigen Waffenstillstand vor! Prof. Dr. Andreas Buro: Keiner der Punkte gefährdet die Sicherheit des Staates Israel. Alle sind nachvollziehbar und durchaus maßvoll. Die Erfahrung aus dem israelisch-palästinensischen Konflikt von über 60 Jahren zeigt mir, Gewalt auf beiden Seiten erzeugt immer nur mehr Gewalt und Unterdrückung. Eine Unterstützung der Gewaltpolitik der israelischen Regierung vor dem Hintergrund der deutschen Verbrechen an Juden während des Nationalsozialismus, dem Holocaust, halte ich für falsch. Frieden und damit Sicherheit ist nur durch friedliche Mittel zu erreichen. Daran ist zu arbeiten. Ich hoffe, sehr viele werden, wie ich, solche persönlichen Erklärungen abgeben und veröffentlichen. Das könnte Freiraum schaffen, gegen die klammheimliche Duldung der Kriegsverbrechen in Nahost.

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  2. flottesveilchen schreibt:

    Gehts noch? Wer auf andere Länder/Staaten Raketen abschießt – auf die Zivilbevölkerung, der ist ein Aggressor. Raketen auf ein Land abschießen, das ist eine Kriegserklärung an das beschoßene Land.
    Sie reden hier von Brutalität seitens Israels, klammern den „Anstifter“ aus – klammern die menschlichen Schutzschilde der Hamas aus – Kinder – Frauen (ist ihnen mal aufgefallen, dass von toten Männern gar nimmer die Rede ist?) – sie klammern die Waffendepots aus – sie berichten einseitig und labern von „gelebtem Pazifismus“ – den SIE mir erst mal vorexerzieren müssten, wenn sie Nachbar eines arabisch-palästinensischen Staates wären und kein Muslim.
    Aber klar, da lese ich doch tatsächlich: AG Friedensratschlag – von denen kennt man seit Jahrzehnten nur einseitige „Ratschläge“ – ohne an den Schutz Israels zu denken.
    Sie benennen die Charta der Hamas mit keinem Wort – wieso nicht? Weil sonst die Welt erfahren könnte, dass man aus der Charta ablesen kann: Nur der Kampf ist unser Mittel, Verhandlungen lehnen wir ab (so die Hamas)? Und wer den Text genau analysiert wird verbüffend feststellen, dass das Ziel der Hamas nicht nur die Vernichtung der Juden und Israels ist, nein – jeder Mensch der kein Muslim ist soll verschwinden, von der „Arabischen Halbinsel“ – über die NUR noch die Flagge Allahs wehen soll.
    Ähnlich passiert es gerade im Irak – es scheint niemanden von euch Herren und Damen der „Friedensratschlags-Organisation“ zu interessieren –
    Stellen sie doch mal ein 10. Punkte Program FÜR die Hamas zusammen, was diese ändern muss, damit man so einigermaßen den Eindruck gewinnen kann, sie seien von ihrem Plan alle Juden und Israelis zu töten, abgewichen.

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    • eineweltdiplomaten schreibt:

      Israel hält völkerrechtswidrig Palästina besetzt außerhalb der Grenzen von 1967 und nimmt den Palästinensern jeden Tag Land weg, um jüdische Siedlungen zu bauen! Und niemand stoppt sie? Kann das kein Boden sein, dass Menschen die Hoffnung aufgeben, mit friedlichen Mitteln noch Selbstbestimmung erreichen zu können? Warum Hat Israel die Initiative der arabischen Welt nicht angenommen: Land gegen Frieden? Glauben sie nicht auch, dass die jetzige israelische Regierung meint, ihnen gehört ganz Palästina allein und dass sie die Palästinenser vertreiben will? Rabin, der einen Kompromiss wollte, ist getötet worden, nicht von Palästinensern!

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